Kinderhäuser und ähnliche familienorientierte Angebote gelten unberechtigterweise zunehmend als nicht mehr zeitgemäße Auslaufmodelle. Im Rahmen der anstehenden SGB VIII-Reform sollen beispielsweise familienanaloge Angebotsformen, die bislang dem § 34 SGB VIII zugeordnet werden, aus dem Einrichtungsraster herausfallen. Erziehungsstellen (SPLG) erhalten somit zukünftig keine Betriebserlaubnis mehr.
In vorliegenden Gesetzesentwürfen wird eine Abgrenzung zu Pflegeltern und Tagesmüttern getroffen, bei denen die Kinder und Jugendlichen bestimmten Personen zugeordnet sind. In einer Einrichtung wird dagegen die Erziehungsverantwortung nicht (dauerhaft) einer individuell bestimmbaren Person übertragen, sondern mehreren Personen, die auch wechseln können. Bei Erziehungsstellen handelt es sich nach diesen Gesetzesentwürfen nicht mehr um stationäre Einrichtungen und werden somit zukünftig wohl dem Bereich § 33 (2) SGB VIII zugeordnet. Als Konsequenz können zukünftig für Erziehungsstellen auch keine Leistungs- und Entgeltvereinbarungen nach §§ 78 a ff SGB VIII abgeschlossen werden.
Erziehungsstellen sind dann Pflegestellen und werden explizit nicht mehr im Anwendungsbereich des §§ 78 ff SGB VIII enthalten sein. Erziehungsstellenträger müssen dann ihre Finanzierungsvereinbarungen mit den belegenden Jugendämtern abschließen. Einen Anspruch auf Entgeltfinanzierung wie bislang gibt es dann nicht mehr.
Angesichts der drohenden gesetzlichen Veränderungen, aber auch aufgrund bestehender Gesetze (z.B. Mindestlohngesetz, Präventionsgesetz, Bundesteilhabegesetz, etc.) und deren Auswirkungen auf die Leistungserbringung im familienanalogen Kontext ist die Teilnahme an unserer Veranstaltung für Entscheidungsträger im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe (Geschäftsführungen, Einrichtungsleitungen, päd. Leitungen) sinnvoll und notwendig.
In unserem Seminar möchten wir mit Ihnen sowohl über die Chancen als auch über die Risiken und Herausforderungen der Zukunft diskutieren und Möglichkeiten darstellen, um den Risiken zu begegnen.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Rechtsprobleme
Rechtsanwalt Prof. Dr. Florian Gerlach
Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Kinderhäusern gehört seit Jahrzehnten zum anerkannten Leistungsspektrum im Rahmen der Hilfen zur Erziehung. Wegen des familiären Settings wirft die Leistungsgewährung eine Reihe spezifischer Rechtsfragen auf, die allein bei Kinderhäusern relevant sind. Aktuelle Rechtsfragen und Auseinandersetzungen drehen sich etwa um die Frage der fachlichen und wirtschaftlichen Abgrenzung der betrieblichen von der privaten Ebene, Qualifikationsanforderungen an Leitungs- und sonstiges Einrichtungspersonal, Betrugsvorwürfe, Aufnahme- und Belegungsstopps, Haftungsfragen und anderes mehr. Insbesondere soll der Frage nachgegangen werden, welche Risiken und Chancen die Novellierung des SGB VIII mit sich bringen wird.
Arbeitsrechtliche Strategien und Konzepte
Rechtsanwalt Michael Kriegsmann
Kinderhäuser und familienanaloge Betreuungsformen bringen besondere arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Herausforderungen mit sich.
„In arbeitsrechtlicher Hinsicht ist zunächst das Arbeitszeitgesetz bezüglich der täglichen und Wochen- Arbeitszeit zu berücksichtigen. Unter der Geltung des Mindestlohngesetzes muss darüber hinaus insbesondere bei Bereitschaftsdiensten darauf geachtet werden, dass diese mit mindestens 9,19 € je Arbeitsstunde entgolten werden müssen. Wichtig ist außerdem die gewählte Vertragsart: Wird die Betreuungsleistung im Rahmen eines freien Dienstvertrages erbracht oder handelt es sich um eine „Beschäftigung“ gemäß § 7 SGB IV: Im letzteren Fall sind Sozialversicherungsbeträge abzuführen. Diese und weitere praktische Fragen werden im Rahmen des Seminars erörtert.“
Finanzierungsfragen und betriebswirtschaftliche Strategien
Dipl. Betriebswirt Dr. Frank Plaßmeyer M.A.
Immer wieder stellen wir in unserem Beratungsalltag fest, dass Träger von Kleinsteinrichtungen die Aktualisierung bzw. Neuverhandlung Ihrer Entgelte stark vernachlässigen. In Extremfällen liegt die letztmalige Verhandlung von Leistung, Entgelt und Qualitätsentwicklung länger als 5 Jahre zurück. Die Folgen sind Selbstausbeutung und strukturelle Finanzierungslücken, die den Betreibern oftmals erst nach Jahren, und fast immer viel zu spät, auffällig werden. Hinzu kommen zahlreiche betriebswirtschaftliche und juristische Nachlässigkeiten, die im schlimmsten aller Fälle den Fortbestand der Einrichtung gefährden können.
In unserem Seminar werden wir speziell für Kleinsteinrichtungen zahlreiche Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie als Einrichtungsträger solchen existenzgefährdenden Risiken begegnen können. Weiterhin stellen wir dar, wie Ihre Buchführung sowie Ihre Personaleinsatznachweise aufgebaut sein sollten, um z. B. im Falle eines unbegründeten Betrugsvorwurfes jeglichen Verdacht ausräumen zu können.